Kulturen bewegen

Von Franz Schmidjell · · 1999/09

Ein reger interkultureller Dialog bedeutet auch mehr Weltoffenheit für unser Land und mehr Akzeptanz für die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit.

Im entwicklungspolitischen Diskurs spielen Kulturschaffende höchstens als dekoratives Rahmenprogramm ein Rolle. Ihre wichtigen Funktionen in den Gesellschaften des Südens werden kaum thematisiert. Sie sind das moralische Gewissen und fordern mit ihren populären Songs, Theaterstücken, Büchern oder Kunstwerken seit langem ein, was hierzulande als Erfindungen von Entwicklungsadministrationen erscheinen: Menschenrechte, Demokratie, gute Regierungsführung, Stärkung der Zivilgesellschaften, Konfliktprävention usw..

Österreich bzw. Europa und die hier lebenden MigrantInnen brauchen einen Kulturaustausch. Dieser kann helfen, uns dem Reichtum anderer Kulturen anzunähern und dem Land ein Stück Weltoffenheit, Fremdenfreundlichkeit und Lebensfreude einzuhauchen.Gelingt dies nicht, wird auch die Entwicklungszusammenarbeit wenig Sympathien in der Bevölkerung erhalten.

Die Kulturarbeit erreicht Zielgruppen, die bislang von den entwicklungspolitischen Organisationen kaum angesprochen wurden. In Österreich ist zwar der „take off“ in Sachen Weltmusik noch ausständig. (Modetrends, wie zur Zeit etwa kubanische Musik, dürfen darüber nicht hinwegtäuschen.) Internationale Beispiele zeigen aber, welche Erfolge bei kontinuierlicher Arbeit möglich sind. Beispielsweise pilgern jährlich 20.000 BesucherInnen zu dem von Peter Gabriel mitbegründeten WOMAD Festival (World of Music Arts and Dance) in der englischen Ortschaft Reading – mehr sind nicht zugelassen.

Aus diesen Überlegungen heraus entstand im Wiener Institut für Entwicklungsfragen und Zusammenarbeit (VIDC) die interkulturelle Servicestelle „kulturen in bewegung“ (kibe). Die Herausforderungen sind vielfältig. Die angebotenen Dienstleistungen ermöglichen viele kleinere, dezentrale interkulturelle Ereignisse und bringen Kontinuität, aber mit begrenzter medialer und öffentlicher Aufmerksamkeit. Um den künstlerischen Ausdrucksformen aus Afrika, Asien und Lateinamerika eine entsprechende Präsenz zukommen zu lassen, werden – meist mit anderen Partnern zusammen – Großvorhaben organisiert. SURA ZA AFRIKA, WOMAD in Wiesen (Burgenland) oder MOVING CULTURES SUNSPLASH zählen zu solchen Höhepunkten. Langfristig wird das Ziel verfolgt, etablierte Räume kontinuierlich für Südkultur zu erschließen.

Eine andere Schwierigkeit für kibe stellen die wachsenden Anforderungen bei gleichbleibenden Förderungen dar. Daher wird bei der einen oder anderen Leistung überlegt, Entgelte zu verlangen. Beispielsweise Vermittlungsprovisionen für Bands, wie sie im rein kommerziellen Geschäft üblich sind. Einen weiteren Diskussionspunkt stellt die stärkere Internationalisierung mit dem Ziel dar, kulturelle Austauschprojekte mit dem Süden auf europäischer Ebene zu realisieren.

Kulturen bewegen. Im Süden wie im Norden. „kulturen in bewegung“ versteht sich als Schwungrad für den Kulturaustausch mit den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Als Servicestelle bietet kibe eine Reihe von Dienstleistungen, als Veranstalter führt kibe eigene Kulturprojekte durch. Im Mittelpunkt stehen immer drei „B“: Bühne für professionelle Kunst- und Kulturereignisse, Bildung für begleitende entwicklungspolitische Informationsarbeit und Begegnung für den persönlichen Austausch.

Der Autor studierte Handelswissenschaften in Wien, ist seit 20 Jahren in der Dritte-Welt-Solidarität aktiv und seit 1992 in der Kulturarbeit des Wiener Instituts für Entwicklungsfragen (VIDC) tätig.

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